Geschichte

Vorgeschichte der Trachtenkapelle

Die Musikgeschichte von Müdesheim/Reuchelheim

Die Pflege von Musik und Gesang - beide gehören zusammen - hat schon eine lange Tradition. In frühen Zeiten, als der volkstümliche Gesang und die Hausmusik sich noch besondere Beliebtheit erfreuten und heimisch waren, standen vor allem die Tastinstrumente hoch im Kurs.

Hier in Müdesheim erfand und konstruierte der leider heute fast vergessene Franz Leppich - seine Mutter, eine geborene Schneider, stammte von Reuchelheim - um 1800 u.a. sein Panmelodikon. Seine Erfindung erregte damals große Aufsehen, wie die Presse jener Zeit berichtete. Franz Leppich zog mit dem Komponisten und Klaviertuosen Konradin Kreutzer, welcher von dessen Erfindung begeistert war, auf Konzertreisen. Sie konzentrierten in Wien und München, in Augsburg, Luzern und Bern vor illustrer Gesellschaft. Leppich weilte am Hofe Napoleons in Paris, baute für die Kaiserin ein Panmelodikon und führte es vor. Auch Würzburg und Schweinfurt kamen in den Genuß der nie zuvor gehörten Zaubertöne schreibt die Fränkisch-Würzburgische Chronik. Leider hat sich kein derartiges Instrument erhalten, wohl aber die Musik.

Auch die volkstümliche Blasmusik wurde immer wieder gepflegt. Musikkapelle waren in den beiden Orten schon seit jeher, sie kamen, blühten auf und verschwanden, oder wurden durch jüngere ersetzt; - ein Auf und Ab - bedingt durch die natürliche Entwicklung und Zeitereignisse. Stark wurden die Reihen gelichtet durch Kriegsverluste. Alte Musikanten, durch junge Musiker verstärkt, führten oftmals in Krisenzeiten die Tradition fort, so daß eine Kirchenmusik immer blieb, wenn auch notdürftig. Oft waren es die Pfarrer und Lehrer gewesen, welche die talentierten Leute anspornten und begeisterten für Konzert- und Kirchenmusik und den Chorgesang: Es entstanden die Musikkapellen und die Cäcilienvereine. Beide gaben den örtlichen Festen und Feiertagen den würdigen Rahmen. Einmal im Jahr trafen sie sich, so um 1880/90 zum geselligen Beisammensein in der Gartenwirtschaft des Gasthof zum Lamm drunten an der Wern am Nachmittag des St. Ulrichtages. Als Anerkennung für ihre Tätigkeit gab die politische Gemeinde immer ihr jährliches Scherflein. 1904 z.B. bewilligt der Gemeindeausschuß Müdesheim. Für Leistungen der Kirchenmusik den Musikanten 34,- Mark pro Jahr und den Singmädchen für den Chorgesang 6,- Mark aus der Gemeindekasse. Nicht alles läßt sich zurückverfolgen, da es an Aufzeichnungen mangelt.

In Müdesheim hatte die heutige Musikkapelle mehrere Vorgänger.

Bereits in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts (um 1880) gab es hier eine Blasmusikkapelle, welche um 1900 durch Streichmusik erweitert, zu einem beachtlichem Klangkörper emporstieg, den Johann Arnold, ein passionierter Musiker alter Schule, viele Jahre leitete. Gleichzeitig mit dieser Musikkapelle entstand unter Lehrer Hilarius Bardroff ein Cäcilienverein, der sich der besonderen Pflege des Chorgesanges widmete, in Ergänzung der Musik, dessen Leistung weithin Beachtung fand.

 

 

1908/09 wurde eine Kapelle gegründet, der sich zahlreiche junge Leute angeschlossen, welche von Musiklehrer Merklein, Heugrumbach, unterrichtet wurden. Ein hoffnungsvoller Anfang, jedoch der Weltkrieg 1914-18 riß große Lücken und nahm einer ganzen Reihe junger Musikanten das Instrument aus der Hand. Durch junge Musiker erneuert, wurde diese Kapelle von Johann Leppich, welcher im Krieg u.a. der Königl. Militärmusik in Immenstadt angehörte, jahrelang geleitet. Um 1925 erreichte diese unter Hauptlehrer Oskar Martin als kombinierte Streich- und Blasmusik ihren Höhepunkt. Gleichzeitig wurden von diesem der Chorgesang besonders gepflegt und fortgeführt und nicht zuletzt das Violin- und Akkordeonspiel gefördert.

Um 1928 entstand beim Kath. Burschenverein unter H. H. Pfarrer Heinrich Nüchtern ein Mandolinenclub, dem sieben Musiker angehörten, der als gerngehörter Klangkörper galt.

 

 

Am 21. September 1929 wurde auf Initiative des Radfahrervereins >>Werntal<< (RV) - damaliger Vorstand Ludwig Birkl - eine Musikkapelle ins Leben gerufen. 12 Musiker gehörten bei der Gründung dieser Kapelle an, welche durch Otto Thorn, Arnstein, mehrere Jahre, anschließend von Musiklehrer Schneider, Eußenheim, und schließlich von Kilian Leppich, Müdesheim, viele Jahre geleitet wurde. - Gleichzeitig bestand auch in Reuchelheim eine Kapelle, welche die Musiktradition dort weiterführte. - Selbst nach dem zweiten Weltkrieg gestalteten die Musiker, deren Reihen stark gelichtet waren, die örtlichen Festlichkeiten und versahen die Kirchenmusik.

Durch die Katholische Landjugendbewegung (KLJB) - damaliger Vorsitzender A. Weißenberger - wurde 1956 wieder ein neuer Anfang gemacht. Voraus ging eine Vorbesprechung aller interessierten Burschen im Jugendheim, so daß am 20.04. 1956 im >>Gasthaus zur Rose<< die Gründung erfolgen konnte. Nikolaus Wettengel, Arnstein, der als Musiklehrer verpflichtet wurde, baute die Kapelle auf, der sich 16 Mitglieder anschlossen. Später, etwa von 1963-65, leitete Kilian Leppich, Müdesheim, die Kapelle, die sich zu einem beachtlichen Klangkörper entwickelte. Dirigent Dieter Büttner, damals Müdesheim, führte die Kapelle, unter Verstärkung durch Musiker aus Reuchelheim, ab 1965 zu deren Höhepunkt.

 

 

Wie bei früheren Kapelle, so strahlten die Leistungen der Musiker weit über den örtlichen Bereich hinaus, sei es durch Übernahme der Gestaltung der Jubiläumsfeste, Standkonzerte oder sonstiger überörtlicher Auftritte. Trotz allem blieb die Gestaltung und Umrahmung der örtlichen Feste im profanen, wie im sakralen Bereich vornehmlichste Aufgabe. Hier reichte die bunte Palette von Neujahrsanblasen über das >>Von Turm Blasen<< am Weißen Sonntag, im Mai von der Radegundiskapelle, den festlichen Chorälen an Fronleichnam über die Gestaltung von Festlichkeiten der Vereine, Bälle und Tanzveranstaltungen im Fasching und Kirchweih bis zu den >>musikalischen Glückwünschen<< für die frischgebackenen Ehepaare.

Noch in guter Erinnerung aus gleicher Zeit ist Heimatdichter Otto Wolf, Reuchelheim, mit seinen Sängerinnen und Musikern, die durch ihre folkloristischen Auftritte heimatlich-fränkisches Kulturgut gepflegt und weitesten Kreisen bekannt gemacht haben. Musiktalente wurden geweckt und gefördert über den Kirchenchor unter der unvergessenen Ehrw. Schwester Eudoxia Reisert, durch verschiedene Lehrer und musikbegeisterte, begabte Einwohner, in beiden Orten und - nicht zuletzt - dank der zielstrebigen Arbeit mehrerer Pfarrer bzw. deren Haushälterinnen durch Unterrichtung der Jugend im Flöten- und Melodikaspiel, sowie der Tätigkeit der jeweiligen Organisten, bis in unsere Tage.

 

 

Vereinsgeschichte der Trachtenkapelle

Die heutige Trachtenkapelle Müdesheim / Reuchelheim geht auf die Initiative von H. H. Pfarrer Edmund Münch (da hier von 1967-1974, zuletzt Pfarrer in Zeuzleben, + 11.11.1984) zurück.

Ende April 1971 trafen sich die jugendlichen Interessenten und deren Eltern im Pfarrheim, wo die organisatorischen Angelegenheiten besprochen und festgelegt wurden, so daß bereit im Mai mit den Proben begonnsen werden konnte. Grundlegende Arbeit lesteten die Musiklehrer Robert Krapf (Flügelhörner und Trompeten), Georg Schmitt (Klarinetten), Josef Faulstich (Tenorhörner) und Rudi Schlereth (Posaune, Bariton, Tuba) - alle von Greßthal; Letztgenannter wurde nach ca. einem Jahr abgelöst von Bruno Nuß, Obbach.

Trotz beachtlicher Anfangserfolge durch zielstrebige Arbeit zeigte sich immer mehr, daß es erforderlich sei, für die Jugendkapelle eine breitere Grundlage zu schaffen. Aufgrund verschiedener Anregungen wurde am 22.11.1974 im Pfarrheim Müdesheim der >>Musikverein Müdesheim / Reuchelheim<< gegründet. Die 58 Gründungsmitglieder, davon 34 Aktive, wählten aus ihrer Mitte Franz Weißenberger zum ersten Vorstand, der dieses Amt bis 1979 bekleidete. Josef Ziegler wurde zweiter Vorstand des Vereins. Zum Kassier wurde Peter Keupp, als Beisitzer Roland Lamprecht und Paul Büttner bestellt. Musiklehrer blieb weiterhin Robert Krapf, Greßthal.

Ab September 1976 trat an dessen Stelle Bruno Nuß, Obbach, der bis zu seinem Tot am 02.01.1982, als Dirigent die Veranstaltungen der Kapelle leitete. Am 07.04.1979 wurde Richard Keller Vereinsvorstand, der bis zum heutigen Tag die Geschicke der Kapelle lenkt.

Ein Meilenstein in der Vereinsgeschichte war das vom 11. - 14.07.1980 veranstaltete Gründungsfest, an dem 25 Kapellen aus dem fränkischen Raum teilnahmen und ihr Können unter Beweis stellten. Der glanzvolle und auch finanziell zufriedenstellende Verlauf gab neuen Aufschwung und ermöglichte notwendige Anschaffungen: So wurde 1981 im Einvernehmen mit dem Bezirks-Heimatpfleger von Unterfranken, Dr. Reinhard Worschech die schmucke >>Fränkische Tracht<< für alle Musiker beschafft, welche erstmals beim Musikfest in Greßthal im Mai des gleichen Jahres der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Außerdem wurde eine Verstärkeranlage erworben, die bei der Einweihung des Gerätehauses der Freiwilligen Feuerwehr Müdesheim am 24.05.1981 zum ersten Mal Verwendung fand. 1982 legte sich der Verein eine Standarte zu. Diese trägt wie das Vereinsabzeichen das Bild der St. Radegundiskapelle als verbindendes Symbol für Müdesheim und Reuchelheim und darüber hinaus für die umliegenden Orte und das gesamte Werntal.

Den Taktstock führten nach dem plötzlichen Tob von Bruno Nuß 1982 Vorstand Richard Keller, ihm folgte 1983 Albert Korn aus Veitshöchheim. Seit 1984 bis heute ist Winfried Oestreicher, Eßleben, Dirigent der Kapelle. Zur Aufbesserung der Vereinskasse wurde vom 17. - 20.06.1983 ein Sommerfest in kleinem Rahmen, an dem vier Kapellen mitwirkten, abgehalten. Auch wurden freundschaftliche Beziehungen zu anderen Kapellen geknüpft und die Geselligkeit gepflegt; so mit der Musikkapelle Gestratz (Allgäu) im Mai 1982 und dem Tambourkorps Holzen (Sauerland) im Mai 1984. Gegenbesuche vertieften die Freundschaft und Verbindungen bestehen weiterhin.

Am 12.03.1983 gab sich der Verein eine Satzung. Die Eintragung in das Vereisregister folgte unter dem Namen: >>Trachtenkapelle Müdesheim / Reuchelheim e.V. 1985 wurde ein neuer Proberaum geschaffen, im Rahmen des Innenausbaus der früheren Schule, unter der Regie von Stadtrat Hans Sauer. Auf dessen Initiative wurde im gleichen Jahr der Vereinsring Müdesheim gegründet, dem mit den übrichen Ortsvereinen, auch der Musikverein angehört. Unterdessen Mithilfe, - mit vereinten Kräften - konnten am Sport- bzw. Festplatz die erforderlichen snaitären Anlagen erstellt werden.

Die Trachtenkapelle Müdesheim / Reuchelheim e.V. wurde am 21.01.1987 in den Kreisjugendring Main-Spessart aufgenommen. Bei der Besiegelung der Städtepartnerschaft zwischen Arnstein und Cancale vom 06. - 10.09.1988 hatte die Kapelle die Ehre, in der bretonischen Stadt den musikalischen Rahmen für die Feierlichkeiten zu geben. Der Vorstand des Vereins bestand damals, im Jahre 1989, aus folgenden Mitgliedern:

1. Vorsitzender: Richard Keller
2. Vorsitzender: Josef Bühler
Schriftführer: Elmar Adelmann
Kassier (seit 1974): Peter Keupp
Beisitzer: Stefan Kimmel, Peter Büttner, Raimund Büttner

Junge Menschen für die Musik zu begeistern, Talente zu fördern, ihnen eine intensive, gediegene Ausbildung angedeihen zu lassen, war seit Bestehen des Vereins das Anliegen der Vereinsführlung und der jeweiligen Musiklehrer. Um die damalige Ausbildung der jungen Musiker bemühten sich: Winfried Oestreicher, Eßleben (Saxophon), Felix Lier, Oberpleichfeld (Schlagzeug) und Josef Rüttiger, Güntersleben (Trompete, Tenorhorn).

So ist die Trachtenkapelle Müdesheim / Reuchelheim ein gerne gehörter und vielfach begehrter Klangkörper geworden, - ca. 40 Auftritte bei Festen und sonstigen Veranstaltungen jährlich beweisen dies, - der im Reigen der Musikkapellen im fränkischen Raum einen Namen hat und dank der Zeilstrebigkeit zu weiterer Hoffnung berechtigt. Mögen die Musikantinnen und Musikanten weiterhin mit Lust und Liebe ihre Aufgabe erfüllen zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen und so als junge Musikgeneration in der Tradition ihrer Väter und Vorfahren deren Erbe bewhren, pflegen und - so hoffen wir - in eine glückliche Zukunft weitertragen.